Polarität und Dualität
Die Polarität beschreibt die Natur, wie sie sich in unserer Welt der Gegensätze ausdrückt. Da gibt es immer zwei verbundene Gegenkräfte, die nach Ausgleich streben. Die dadurch entstehende Ausgleichsbewegung erzeugt Leben.
Leben ist also das Hin- und Herfließen zwischen zwei Polen.
Oder auch:
Leben ist Bewegung
Stromfluss entsteht beispielsweise immer durch die Verbindung von Plus- und Minuspol. Auch Mann und Frau bewegen sich so aufeinander zu, werden wie magisch voneinander angezogen und streben nach Ausgleich.
So gibt es unendlich viele Polaritäten, die unsere wahrnehmbare Welt erschaffen.
Ein paar Beispiele:
Wärme und Kälte, Grobes und Feines, Elektrizität und Magnetismus, Aufbau und Abbau, Geburt und Tod, Ordnung und Chaos, Psyche und Außenwelt, Zuneigung und Abneigung, Sonne und Mond, Tag und Nacht, Säure und Base usw.
Beide Pole, sowie die dabei entstehende Energie entsprechen dabei in Wahrheit einer einzigen Qualität, gehören zusammen und könnten nicht ohne den anderen Pol existieren. Polarität ist also das, was Kontraste erschafft und etwas völlig Natürliches, das man immer und überall im Leben beobachten kann.
Die Dualität ist hingegen eine Sinnestäuschung des Verstandes und unterliegt der illusionären Vorstellung von Trennung (auch die Polarität täuscht, denn die Zwei sind eigentlich Eins).
Sie trennt zwei eigentlich zusammengehörende Pole. Aus so einer Vorstellung heraus entsteht zum Beispiel Gut und Böse und eine Trennung von mir und meinem Gegenüber. Auf diese Weise wurde unsere aktuelle, menschliche Wahrnehmung erschaffen.
Dualität ist aber nur auf einer relativen, nicht absoluten und damit eigentlich nicht existenten Ebene vorhanden, denn wie oben beschrieben gibt es nur verbundene Pole, die also in Wahrheit Eins sind.
So ist die Einheit im Gegensatz zur Dualität immer vorhanden, absolut, damit nicht relativ, und teilt sich in scheinbare Gegensätze auf, die nur durch unsere trennende Wahrnehung als solche wahrgenommen werden.
Licht ist hierbei ein wunderbarer symbolischer Ausdruck für das Eine:
Licht ist immer da und enthält alle Farben auf ein-mal. Es ist damit absolut. Dunkelheit/Schatten hingegen entsteht nur, wenn sich etwas gegen das Licht stellt. Es ist damit nur relativ existent.
Bringt man nun Licht in einen abgedunkelten Raum, wird alles hell und damit zu Licht, die Dunkelheit verschwindet.
Licht ist also auch ohne Dunkelheit existent!
Auf unser menschliches Leben übertragen bedeutet das, dass Dualität/Schatten nur durch unsere eigenen Widerstände entsteht. Wären wir Eins mit dem Leben, gäbe es keine Widerstände und damit auch keine belastende Anspannung.
Alle leidvollen Erfahrungen rühren demnach aus unserem Widerstand gegen das Leben, wie es gerade (oft in Form von unangenehmen Gefühlen) daherkommt. Und dieser unbewusste Widerstand erzeugt letztendlich auch im Außen seinen Schatten, der sich durch ein kaltes Umfeld, Anfeindungen und im Kollektiv in lebensfeindlichen Gesellschaftssystemen ausdrücken kann.
Dualität ist also einerseits Teil unserer menschlichen Wahrnehmung, andererseits schafft sie auch all unsere Konflikte, da sie eben spaltet, trennt und damit die Einheit in Zwei aufteilt.
Aus der dualen Wahrnehmung entsteht im Übrigen auch das, was man Ur-teil nennt. Das Ursprüngliche Eine wird geteilt. Urteilen wir also über jemanden, teilen wir damit das Eine, das wir ja letztendlich auch Selbst sind. Somit trennen wir uns selbst ab von Gott / der Einheit / uns Selbst.
Chancen und Selbstermächtigung
Wenn die Erkenntnis einsetzt, dass jede Verurteilung Dualität voraussetzt und diese gleichzeitig auch aufrechterhält, ist man viel eher bestrebt, sich bei eigenen Fremd- oder Selbstverurteilung nach Innen zu wenden und den seelischen Schmerz, der dahinterliegt, anzunehmen - also da-sein zulassen.
Mit Schmerz ist das tiefsitzende Negativgefühl gemeint, das ein anderer durch seine Worte und Taten bei uns auslöst. Er trifft uns damit irgendwo in unserem unbewusst geschwächtem Selbstwertgefühl, das bei jedem von uns vorhanden ist. Die Heilung (was soviel wie Ganz-werdung, oder eben Eins-werdung bedeutet) geschieht durch die widerstandsfreie Annahme der eigenen Selbstverurteilungen, die in Form von Glaubenssätzen à la "Ich bin dumm, hässlich, ein Versager etc." in uns gespeichert sind..
Was wir nun oftmals tun, ist, diesen Schmerz nach Außen zu projizieren, weil wir dieses Gefühl nicht bei uns haben möchten. Wir suchen einen Schuldigen da draußen, statt den Anderen nur als Spiegelbild und lediglichen Auslöser unser eigenen Selbstverurteilung zu erkennen.
Eine andere Variante ist die anhaltende Selbstverurteilung, sodass wir dem weiter Glauben schenken, was uns da trifft. So bleiben wir in einem Gefühl des Klein- Schwach- Versagerseins stecken, statt das Gute in mir und anderen anzuerkennen und uns damit auch selbst anzunehmen, wie wir eben sind.
Andere Worte für diese Selbstannahme wären zB. Selbstwertschätzung, Selbstachtung, Selbstakzeptanz oder Selbstliebe.
Die letzte Möglichkeit mit "getriggerten" Verletzungen umzugehen, ist die Ablenkung. Weil wir den Schmerz nicht fühlen wollen, versuchen wir ihn oberflächlich zu kaschieren und ihn mit diversen Tätigkeiten zu verdrängen.
Daraus entsteht Konsum und Suchtverhalten, welche aber niemals in der Lage sind, das weiterhin unbewusst vorhandene negative Gefühl sich selbst gegenüber "aus der Welt zu schaffen".
Ur-teilen und anderes "Menschliches"
Innenwelt und Außenwelt sind natürlich auch verbundene Gegenpole, wobei ersteres einfach nur feinstofflich, letzteres grobstofflich ist. Das was Innen ist, hat die Tendenz sich im Außen zu manifestieren. Je stärker die eigenen Gefühle und Gedanken sind, desto eher treten sie in der Außenwelt auch auf. In der Psychologie kennt man die Self-Fulfilling-Prophecy, andere sprechen von Magie oder auch Manifestationskraft.
Gedanken und Gefühle erschaffen also tatsächlich Realität.
Da eben diese unsere sichtbaren Lebensumstände erschaffen, werden trotz des oben erwähnten Verdrängens und Ablenkens fortlaufend neue Situationen manifestiert, die uns das Selbstwertthema herauskitzeln wollen. (Der angeknackste Selbstwert wirkt ja weiter aus dem Unbewussten heraus)
Der Sinn dahinter: So haben wir erneut die Möglichkeit, unsere Verletzung annehmend zu durchfühlen, womit die Dualität aufgehoben und eine Rückanbindung an das Eine wieder möglich wird (das lateinische Wort für die Rückanbindung ist übrigens religio).
Innen und Außen - eine weitere Polarität
Das Außen zieht nach
Die innere Einheit drückt sich in der Folge auch im Außen aus: Wie von Zauberhand müssen dem Gesetz der Entsprechung nach, auch die äußeren Umstände Wandlung finden. So kann es sein, dass man nun die Kraft hat, vormals belastende Situationen selbsständig zu verlassen, oder das Leben hilft ein wenig nach..
So berichten beispielsweise Menschen, die unter Todesstrafe ihre restliche Zeit im Gefängnis absaßen, dass durch innere Hingabe und das Loslassen innerer Verurteilungen, plötzlich wundersame Dinge geschahen. Die Strafe wurde aufgehoben und sie wurden nach kurzer Zeit entlassen..
Auch zwischenmenschliche Aus-ein-ander-setzungen, und konfliktträchtige Situationen können so wie von Zauberhand verschwinden, wenn eigene Außenprojektionen nachlassen. So landet man beispielsweise auch immer wieder in ähnlichen Beziehungskonstellationen zwischen Mann und Frau bis das Thema "durch" ist.
Oder man findet sich in wiederkehrenden Zeitzyklen in Opfer-Täter-Konstellationen wieder, bis es zu einer Lösung kommt und so etwas im eigenen Leben schlicht nicht mehr auftritt.
Betrachtet man es symbolisch haben wir einerseits also das Licht, welches unserem Bewusstsein entspricht. Dann einen Gegenstand der sich gegen das Licht stellt und unseren inneren Widerstand gegen das Einssein repräsentiert. Der Gegenstand wirft einen Schatten - unser Widerstand drängt etwas aus dem Bewusstsein heraus, sodass dieses nur mehr aus dem Unbewussten wirken kann.
Wird das Verdrängte, also der Schatten nun Kraft des eigenen Bewusstseins beleuchtet, kommt also Licht ins Dunkel, verschwindet der Schatten und es bleibt reines Licht übrig, reines Bewusstsein, Eins-sein.
So könnte man den Bewusstwerdungsprozess zumindest philosophisch betrachten.
Im Leben geht es also darum, die eigens erschaffene Dualität zu durchschauen, sie durch Annahme zu erleuchten und sich dann der Polarität in ihrem harmonischen Hin- und Herfließen hinzugeben.
So kann aus Trennung, Einheit und aus kräftezehrendem Widerstand, ein Mitschwimmen mit dem Lebensfluss entstehen.